Bottleneck Flaschenhals

Compiègne 1918: im bekannten Eisenbahnwagen wollten die Westmächte die Deutschen so schnell und so bedingungslos wie möglich zur Kapitulation bringen. Um diese zu manifestieren, wurden  sofort Brückenköpfe am Rhein eingerichtet. Köln wurde britisch, Koblenz amerikanisch und Mainz französisch. Die Brückenköpfe sollten einen Radius von 30 km beschreiben um genug Puffer zu bieten, falls die Deutschen wieder auf die Idee gekommen wären, die kriegerische Auseinandersetzung wieder aufzunehmen.

Das ging also alles Hals über Kopf. Das Resultat war ein Flaschenhals. Genauer gesagt ein Freistaat Flaschenhals. Hört sich an wie der Freistaat Kristiania mitten in Kopenhagen, wo Alternative in den 60er/70er Jahren ihren eigenen Staat als Zecke in den Pelz der dänischen Hauptstadt gesetzt haben.

Man hätte auch auf Obdachlose tippen können, die in den Nachkriegswirren den Aufstand probten, um es sich in ihrem eigenen Hoheitsgebiet gut gehen zu lassen. Am Rhein gibt’s genug Wein. Und in der Tat gibt es neuerdings Wein mit dem Etikett Freistaat Flaschenhals als Reminiszenz an das damalige Gebilde, das durch die oben geschilderten Vorfälle isoliert wurde.

Denn als die alliierten Truppen ihre Stellung besetzten, entstand ein flaschenhalsförmiger Wurmfortsatz des Deutschen Reiches.

Keine der bestehenden Straßen- oder Bahnverbindungen konnten dieses kleine Gebiet versorgen. Eine Eisenbahnstrecke durchzog es. Es gab aber zwischendrin nirgendwo einen Bahnhof. Über den Rhein ging‘s auch nicht, denn auf der anderen Seite war Besatzungszone mit Visapflicht.  Der einzige Verbindungsmöglichkeit war kraxeln durch das Mittelgebirge. Es gab keine befahrbare Straße, die direkt in Reich führte. Alternative Wege und Straßen wurden von den Alliierten nicht freigegeben. Das Wirtschaftsleben erlahmte, aber der Schmuggel spross. Da sich keine Obrigkeit richtig zuständig, blühte eine Art bürgerliche Anarchie unter den 17.636 Einwohnern.  So wurde schon mal ein Güterzug auf freier Strecke gekapert, die das Gebiet durchquerte, um sich Kohle zum Heizen zu fringsen.

Boykott bei den Kohlelieferungen und Eisenbahnsabotage waren dann ja auch der Anlass der französischen Ruhrbesetzung zur Sicherstellung der horrenden Reparationen, die Deutschland zu liefern hatte. Im Zuge dessen wurde am 25. Februar 1923 der Flaschenhals letztendlich durch marokkanische Truppen eingenommen.

Die Zeit des Interregnum war vorbei.