Moresnet! – Moreswatt?

Eine tortenstueckfoermige 11 km lange Landesgrenze manifestierte nun die Existenz von Neutral-Moresnet zwischen dem Niederländischen Moresnet und dem Preußisch-Moresnet. Mittendrin die Mine, in der bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts Zink abgebaut wurde. Ursprünglich dachte man, das Zink würde hunderte Jahre reichen. Das Gebiet selber bestand aber ‚nur‘ bis 1919, nämlich bis zum Versailler Vertrag.

Napoleon wütete in ganz Europa. Um dort möglichst mit vielen Kanonen auf Spatzen zu schießen, war zu seiner Zeit ein Rohstoff sehr wichtig: Zink. Aber Zink gab‘s in Europa nicht an jeder Ecke. Aber ein kleines Dorf im heutigen Belgien hatte das Zeugs. Das Dorf La Calamine (frz.), heute Kelmis (ndl.) mit der Mine Vieille Montagne (frz.) = Altenberg (dt.). Daher hatte Napoleon auch seine kunstvolle Reisezinkbadewanne, die er auf Feldzügen mitführte.

Nach dem Wiener Kongress versucht man Europa neu zu ordnen. Da sich die Siegermächte Belgien und Preußen nicht auf den Verbleib des unweit von Aachen liegenden Gebietes einigen konnten, beschloss man eine Art Kondominium. Zwei Könige dominierten. Es gab eigene Landesfarben: schwarz-weiß-blau. Eine tortenstueckfoermige 11 km lange Landesgrenze manifestierte nun die Existenz von Neutral-Moresnet zwischen dem Niederländischen Moresnet und dem Preußisch-Moresnet. Mittendrin die Mine, in der bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts Zink abgebaut wurde. Ursprünglich dachte man, das Zink würde hunderte Jahre reichen. Das Gebiet selber bestand aber ‚nur‘ bis 1919, nämlich bis zum Versailler Vertrag. In den 100 Jahren dazwischen gab es einiges Berichtenswertes.

Neutral-Moresnet wurde zeitweise eine Art Westernstadt. Kriegsdienstverweigerer, Glückssucher, Fahnenflüchtige, Schmuggler, Kleinkriminelle konnten hier untertauchen. Neutrale mussten keinen Wehrdienst leisten, Zugezogene blieben unbehelligt. Alkoholbrennen war legal. Es gab 60-70 Kneipen aber mehr als genug Sprit für den Schmuggel ins Ausland.

Passend zur Zinkgräberzeit wollte man auch an einem künstlichen Weiher ein Casino erbauen. Vielleicht hätte es mit ein bisschen Glück zu einer Art Monaco-Status gereicht, inklusive einer 11 km langen Grand-Prix-Strecke mit 3 sehr spitzen Kehren. Hätte es ein europäisches Westerngenre gegeben. Hier wäre man für die Kulissen fündig geworden.

In welcher Sprache waren diese Filme wohl gedreht worden? -? Unter den ca. 2000 Einwohnern, gab es auch einen verdienstvollen Arzt, Dr. Molly genannt. Er war wohl etwas tugendhafter als sein Western-Pendant Dr. Holiday. Als begeisterter Esperantist plädierte er dafür, Esperanto als Landessprache für den Esperantofreistaat ‚Amikejo‘ einzuführen. Die gleichnamige Nationalhymne Neutral-Moresnets entstand 1908. Willy Huppermans komponierte den Amikejo-Marsch. Amikejo heißt so viel wie ‚Ort der großen Freundschaft‘. Die Ode an das Land der Freunde findet man auch im Internet.

1815 startete man mit 256 Einwohnern. 1847 waren es 2572, darunter 695 sogenannte ‚Neutrale‘ Ureinwohner, 852 Belgier, 807 Preußen, 204 Niederländer und 14 Immigranten. Das Gebiet war meistens sich selbst überlassen solange Zink und Schmuggel flossen.

Ein extra Zubrot wurde mit eigenen Briefmarken und auch halboffiziellen Münzen kreiert. Ganz so wie es heutzutage einige Bananenrepubliken oder Taka-Tuka-Land machen. Es gab halboffizielle Münzen, auf denen die beiden Könige einen Januskopf formten.

Wenn man heutzutage mit dem Auto ins Gebiet fährt, fällt einem absolut nichts mehr auf. Und ein großes geschichtliches Erbe hat das Kuchenstück auch nicht hinterlassen. Manche Anwohner der Hauptstraße haben einige der 30 Grenzsteine in ihrem Garten stehen. Sie hatten keine Ahnung, was es mit diesen auf sich hatte. Einer hat sogar in seinem Garten den Eingang zur Zinkmine. Ein paar Meter weiter, außerhalb des Ortes an einem Ausläufer der Göhl (frz. Geule, ndl. Geul), findet sich ein weiterer zugeschütteter Mineneingang.

Das meiste, was übrig geblieben ist, gibt’s im Göhltal-Museum zu bestaunen.

https://youtu.be/Mcl1V_3p83Y