Compiègne 1918: im bekannten Eisenbahnwagen wollten die Westmächte die Deutschen so schnell und so bedingungslos wie möglich zur Kapitulation bringen. Um diese zu manifestieren, wurden sofort Brückenköpfe am Rhein eingerichtet. Köln wurde britisch, Koblenz amerikanisch und Mainz französisch. Die Brückenköpfe sollten einen Radius von 30 km beschreiben, um genug Puffer zu bieten, falls die Deutschen wieder auf die Idee gekommen wären, die kriegerische Auseinandersetzung wiederaufzunehmen.
Das ging alles Hals über Kopf. Das Resultat war ein Flaschenhals.
Denn als die alliierten Truppen ihre Stellung besetzten, entstand ein flaschenhalsförmiger Wurmfortsatz des Deutschen Reiches, der durch die oben geschilderten Vorfälle isoliert wurde.
Somit war der übliche Austausch von Waren, Gütern, Geld und Informationen größtenteils lahmgelegt. Deshalb blühte im Flaschenhals notgedrungen der Schmuggel. Geschmuggelt wurde alles, was nicht niet- und nagelfest war, Lebensmittel, Wein und sogar lebendige Rinder! Es gab kaum nennenswerte Landwirtschaft. Ein Zentner Kartoffeln war mit Frachtkosten in Höhe von 20 Mark vorbelastet. Ein vierräderiger Bauernkarren beförderte die Postsachen.
Der Flaschenhals war stellenweise nur einige hundert Meter breit. Da sich keine Obrigkeit richtig zuständig fühlte, blühte eine Art bürgerliche Anarchie unter den 17.636 Einwohnern. So wurde sogar mal ein Güterzug auf freier Strecke gekapert, die das Gebiet durchquerte, um sich Kohle zum Heizen zu ‚fringsen‘.
Bis in die 1920er Jahre hinein mussten die Menschen im „Flaschenhals“ improvisieren, um zu überleben. Das galt nicht nur in Bezug auf die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern auch im Hinblick auf das Geld. Deshalb entstand im „Freistaat“, den Lorchs Bürgermeister Edmund Pnischeck „präsidierte“, sogar eine eigene Münze, welche die farbenfrohen und mittlerweile auch berühmten Notgeldscheine produzierte.
„Nirgends ist es so schön wie im Freistaat Flaschenhals“, so die Eigenwerbung auf dem Schein.
Es klingBis in die 1920er Jahre hinein mussten die Menschen im „Flaschenhals“ improvisieren, um zu überleben. Das galt nicht nur in Bezug auf die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern auch im Hinblick auf das Geld. Deshalb entstand im „Freistaat“, den Lorchs Bürgermeister Edmund Pnischeck „präsidierte“, sogar eine eigene Münze, welche die farbenfrohen und mittlerweile auch berühmten Notgeldscheine produzierte.t, als hätten die Lorcher es sich in ihrem eigenen Hoheitsgebiet gut gehen lassen. Am Rhein gibt’s ja genug Wein. In der Tat gibt es neuerdings Wein mit dem Etikett Freistaat Flaschenhals als Reminiszenz an das damalige Gebilde.
Boykott bei den Kohlelieferungen und Eisenbahnsabotage waren der Anlass der französischen Ruhrbesetzung zur Sicherstellung der horrenden Reparationen, die Deutschland zu liefern hatte. Im Zuge dessen wurde am 25. Februar 1923 der Flaschenhals letztendlich durch marokkanische Truppen eingenommen.
Die Zeit des Interregnums war vorbei.
Und die andere Seite des Rheins?
Die Deutschen Eisenbahner streikten. Sie wollten nicht als Handlanger beim Abtransport der Ruhrgebietskohle als Reparation an Frankreich dienen. Daraufhin wurden belgische und französische Eisenbahner importiert. Eine Regie des Chemins de Fer des Territoires Occupés, also eine Verwaltung der Eisenbahn der besetzten Gebiete, der sogenannten Regiebahn wurde von Belgiern und Franzosen gemeinsam eingesetzt. Da die neuen Eisenbahner sich mit dem Fahrplan und dem Material nicht auskannten, kam es zu zahlreichen Unfällen. Sabotage von deutscher Seite führte zu weiteren Unglücken.
Es existierte eine Notgesetzgebung des Deutschen Reiches, die jegliche Zahlungen an nichtdeutsche Stellen unterbinden wollte, vor allem Zahlungen an französische Zollbehörden und für Dienstleistungen, die durch die Regiebahn erbracht wurden. Das wollten die Besatzungsmächte mit dem Regiefranken unterlaufen.
Gleichzeitig hätte durch den Regiefranken eine Geldentwertung der Mark bedingt und damit ein beständiges, alternatives Notgeld geschaffen werden können. Es hätte auch ein Akzeptanzeffekt bei der Bevölkerung eintreten können, wenn im Rheinland eine Separatwährung eingeführt geworden wäre.
Hinzu kam die Erwartung Frankreichs, mit den Regiefranken die Grundlage für die Entwicklung einer eigenen Währung künftiger Separatstaaten auf dem linken Rheinufer zu schaffen.
Geldscheine über 65 Millionen Francs in den Werten von 5, 10, 25, 50 Centimes sowie von 1, 5, 10, 50, und 100 Franken ab dem 19. Oktober wurden ausgegeben. Hierbei bleibt anzumerken, dass der belgische Franc zu dieser Zeit über die so genannte lateinische Münzunion im Verhältnis 1:1 an den französischen Franc gekoppelt war.
Eine Analogie bietet sicherlich die Geschichte des Saargebietes, das auf ähnliche Weise vereinnahmt werden sollte. Dort verfolgten die Franzosen im Gegensatz zu den anderen West-Alliierten eine etwas undurchsichtige Politik, die sehr auf ihre eigenen Interessen abzielte. Dabei ist sicherlich eine außenpolitische Komponente, aber auch eine wirtschaftliche Komponente zu beachten. Ruhrgebiet und Saarland mit ihrer Montanindustrie und der Steinkohle, das Rheinland mit seiner Textil- und Maschinenindustrie, aber auch Braunkohleabbau und Steinkohle rund um Aachen ließen Begehrlichkeiten aufkommen.
Die Regiebahnscheine zeigen auf der Rückseite den vor dem Rheintal liegenden Vatter Rhein mit einem Füllhorn vor der Kulisse einer Stadt am gegenüberliegenden Ufer, Mainz. Auf der Vorderseite sieht man neben einer Lokomotive eine Festung, die Burg Sooneck: Im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde Sooneck, die – wie alle linksrheinischen Burgen – 1689 von Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. zerstört wurde. Das Design stellt also schon einen Affront dar und könnte dazu beigetragen haben, dass diese Scheine, obwohl wertbeständig, ungeliebt blieben.
Um die Pläne der französischen Besatzungsmacht zu durchkreuzen, setzte die Heidelberger Pfalzzentrale falsche Regiefranken in Umlauf. Die Verhaftung eines Dienstmanns, der am 9. Mai 1924 in Ludwigshafen beim Wechseln gefälschter Regiefranken angetroffen worden war, löste die so genannte Regiefrankenaffäre aus. Als Auftraggeber des Dienstmanns ermittelte die badische Polizei den Zahnarzt Dr. Hermann Eberlein, Sohn des Leiters der Pfalzzentrale, der wegen Urkundenfälschung und Gebrauchs gefälschter Urkunden in einem sehr milden Urteil zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde.