Woldchampion 1974: Holland

What if- würde die Welt sich heutzutage andersrum drehen, wenn die Niederlande 1974 Fußball-Weltmeister geworden wäre?

Die Welt stand kurz davor: 2:1 für die Niederlande. Einen frühen Elfmeter von Cruyff gleicht Breitner zum 1:1 aus. Noch kurz vor der Pause erzielt Ente Lippens das 2:1 Siegtor für die Niederländer in seiner unnachahmlichen Art auf Zuspiel von Rainer Bonhof. Willi Lippens war in der Bundesliga eine feste Größe hinter dem Mann, der auf deutscher Seite fast den Siegtreffer erzielt hätte: Bomber Gerd Müller.

Willy Lippens war Sohn eines Niederländers. Der lebte in der Kriegszeit kurz hinter der Grenze auf deutschem Gebiet und hatte mit den Nazischergen gewaltsame Erfahrungen gemacht. Er blieb gegenüber dem Deutschen an sich und der deutschen Staatsbürgerschaft im Besonderen  misstrauisch. Deswegen sollte Sohn Willy nicht für Deutschland die Stiefel schnüren.  Willy Lippens blieb Niederländer.

Das brachte ihm eine einmalige Berufung zu einem Länderspiel gegen Luxemburg ein. Dort schoss er sogar ein Tor zum 5:1-Sieg. Und das obwohl er geschnitten wurde. Er bekam kaum einen Ball. In der niederländischen Mannschaft spielte Willem van Hanegem. Er verlor bei einem Bombenangriff der Deutschen auf Breskens im November 1944 Bruder und Vater, war also auf alles Deutsche auch nicht so gut zu sprechen.  Einige andere sahen den ‚Deutschen‘ auch nicht gerade als einen ihrer engsten Verbündeten auf und neben dem Fußballfeld. Als die Elftal in Grenznähe im Mannschaftsbus saß und das Radio sich auf einmal auf einen deutschen Sender einstellte, plädierten van Hanegem und Rinus Israel dafür, den Nazisender, vielleicht war es WDR 4, auszustellen.

Das war indirekt auch auf Willy Lippens gemünzt, der im Bus saß. Für ihn blieb es bei einem Länderspiel. Anders hätte er, der Mitte der 70er in Topform verkehrte, auch gut als Mittelstürmer für Oranje auflaufen können. Um dann mit Berti Vogts, den er auch in der Bundesliga schon mal verrückt machte, Hase und Igel spielen zu können.

Bei Rainer Bonhof war die Sache dagegen weniger spektakulär. Er hatte ursprünglich beide Staatsangehörigkeiten, bestritt auch ein Jugendländerspiel für Holland, entschied sich dann aber für die deutsche Nationalmannschaft, nachdem er in Mönchengladbach zum Shootingstar wurde.

Überraschenderweise war er gegen Ende des WM Turnier ‘74 Stammspieler. Jeder hat noch die Szene vor Augen. Rainer Bonhof ‚geht‘ über rechts, sieht den in der Mitte platzierten Müller, schiebt ihm den Ball quer zu. Müller nicht faul, stoppt den Ball, dreht sich um die eigene Achse und schiebt ohne groß zu schauen oder zu zögern am reaktionslosen Jan Jongbloed, der wie so oft ohne Handschuhe, aber dafür mit Knieschonern spielte, ein.  Dumm gelaufen!

Ein Nachspiel zu obiger Utopie hätte es fast Ende der 2006 gegeben, als Salomon Kalou eventuell einen niederländischen Pass bekommen sollte, um für Oranje spielberechtigt zu sein. Die zuständige Ministerin war jedoch dagegen.

Auf dem Internet erschien kurz vor der WM ein fiktives Video WM Endspiels, bei dem Kalou für die deutsche Elf aufläuft und das Spiel entscheidet.

Was für ein Trauma!

Die Fußballbeziehung zwischen Niederlande und Deutschland bleibt spannend und höchst amüsant.

Akribisch gezeichnet wird dies im Buch von Ingo Schiweck: Kicken beim Feind, 2006

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Duitslandhaat is minderwaardigheidscomplex